1926 – 1933

Die Hitler-Jugend nahm eine prägende, markante Bestimmung der Jugend in Deutschland wahr – deshalb ist ihr hier ein besonderer Augenmerk gewidmet.

Im 04. Juli 1926 wurde die „Hitlerjugend – Bund deutscher Arbeiterjugend“ im Rahmen des ersten Parteitages der NSDAP gegründet. Sie wurde durch Unterstellung eine Art Jugendabteilung der SA. Wenig später entstehen auch die Vorläufer der Mädchen-Organisation BDM (Bund Deutscher Mädel) sowie der JM (Jungmädelbund). Ziel war es zunächst, die verstreuten Gruppen in Deutschland zu kontaktieren. Die ganze deutsche Jugend sollte in der Hitlerjugend vereinigt werden und ihr Leben reformieren.

Die HJ hatte anfangs Probleme mit der Integration in die Partei und erhielt von ihr zunächst kaum Beachtung – selbst innerhalb der SA. Mehrfache organisatorische Änderungen erschwerte ihr Wirken von 1926 bis 1933 – ihre Möglichkeiten wurden oftmals nicht begriffen. So bedurfte es z.B. zur Ernennung eines höheren HJ-Führers der Zustimmung der Partei. Derartige und weitere Abhängigkeit erklärt sich mit dem „Führerprinzip“ (=bedingungslose Unterordnung) der NSDAP – die Forderung „Jugend wird durch Jugend geführt“ erwies sich in der Praxis oftmals als nicht wahr. Andere Jugendverbände hatten meist mehr Freiheiten und Entfaltungsmöglichkeiten.

Weitere Probleme mit rivalisierenden Gruppen (u.a. auch die Schilljugend) konnten erst 1933 (mit der Machtergreifung) durch Zwangsmaßnahmen der Staatsgewalt beendet werden. Aber auch innerhalb der HJ gab es Reibereien – so gründeten z.B. mehrer Gaue 1927 einen eigenen Bund – den Bund Deutscher Arbeiter-Jugend (BDAJ) mit eher sozialrevolutionären Tendenzen. Obwohl diese Trennung zunächst ein schwerer Schlag für die HJ war, zerlief sich dieser Bund bald.

Erst langsam begann die HJ nun, ein „eigenes Gesicht“ zu bekommen, z.B. indem nun auch 18-jährige Hitlerjungen, die nun normalerweise zur SA übertreten mußten, in der HJ verbleiben konnten, wenn sie dort als Führer benötigt wurden (der heranziehen eigener Führer galt bis dahin als die größte Schwierigkeit beim Aufbau der HJ). 1928, beim ersten Reichstreffen der HJ, gab es den Prototypen für künftige Veranstaltungen: die Einheiten der HJ traten am gleichen Tage zur gleichen Zeit gemeinsam an.

Es kristallisierte sich heraus, daß das Autonomiestreben der Jugendbünde und das Führerprinzip der HJ (NSDAP) unvereinbar waren. Die HJ wurde zwar als „Hitler-Jugend-Bewegung e.V.“ in das Vereinsregister eingetragen und war damit theoretisch selbständig, in der Praxis jedoch blieb die Parteigebundenheit bestehen. Die HJ begann nun mehr-und-mehr in die Öffentlichkeit zu treten. Amtliche Reaktionen darauf waren z.B. das Mitgliedschaftsverbot von Schülern in Ober- und Berufsschulen in Hannover – die Weimarer Republik bäumte sich noch einmal gegen radikale, republiksfeindlichen Kräfte auf.

Anfang 1931 wurde die organisatorische Einbau der HJ in die Partei vollendet: völlige Angleichung der Gliederung, Unterstellung zur SA, Verlegung der Hauptstelle nach München, etc.

Balduin von Schirach wurde 1931 Reichsjugendführer der NSDAP, später auch Reichsführer der HJ . Anfang 1932 erreichte die HJ dabei weitere Popularität durch die Ermordung eines 16-jährigen Mitgliedes, der fortan als „Blutzeuge in der ewigen Gefolgschaft“ zum Mythos erklärt wird.

1933 – 1945

Der Reichsjugendführer gab zu jedem neuen Jahr „Neujahrsbotschaften an die Hitlerjungend“ aus, deren Einsatzparolen auf Ihre Weise deutlich den Schicksalsgang der deutschen Jugend und die gesteigerte Einbeziehung in die militärischen Maßnahmen nach der Zeit der Machtergreifung (1933) darstellen:

1934 Jahr der Schulung
1935 Jahr der Ertüchtigung
1936 Jahr des Deutschen Jungvolkes
1937 Jahr der Heimbeschaffung
1938 Jahr der Verständigung
1939 Jahr der Gesundheit
1940 Jahr der Bewährung
1941 Unser Leben – ein Weg zum Führer
1942 Osteinsatz und Landdienst
1943 Kriegseinsatz der – deutschen Jugend
1944 Jahr der Kriegsfreiwilligen

Bis in das Jahr 1932 blieben die Jugendverbände von SPD und KPD bestehen, mit der Machtergreifung der NSDAP am 30.01.33 jedoch wurde es sich zum Ziel gesetzt, eine völlige ideologische und organisatorische Erfassung der Jugendlichen zu erreichen – die „Hitler-Jugend“ (HJ). In der Folgezeit wurden weitere Jugendverbände (kirchlich, politisch und bündisch) verboten, aufgelöst oder übernommen (gleichgeschaltet) und der HJ einverleibt. Dabei war deren Vorarbeit, z.B. das Liedgut, die Grundlage für den schnellen Aus- und Aufbau der HJ. Mit der Gleichschaltung der „Reichsschaft Deutscher Pfadfinder“ Mitte 1934 war somit der letzte konkurrierende Jugendbund ausgeschaltet. Die einzige Ausnahme bildeten die katholischen Jugendverbände, die noch bis 1937/38 heftigen Widerstand leisteten, dann aber endgültig aufgelöst wurden.

Das „Gesetz über die Hitler-Jugend“ (HJ-Gesetzt) erhebte die HJ am 01. Dezember 1936 zur offiziellen Staatsjugend. Sie wurde neben dem Elternhaus und der Schule zum dritten, eigenständigen Erziehungsfaktor:

Gesetz über die Hitlerjugend

„Von der Jugend hängt die Zukunft des Deutschen Volkes ab. Die gesamte deutsche Jugend muß deshalb auf ihre künftigen Pflichten vorbereitet werden.
Die Reichsregierung hat daher das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

§1. Die gesamte deutsche Jugend innerhalb des Reichsgebietes ist in der Hitlerjugend zusammengefaßt.

§2. Die gesamte deutsche Jugend ist außer in Elternhaus und Schule in der Hitlerjugend körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft zu erziehen.“

Durch dieses Gesetz wurde die Jugend vollkommen in Verbänden und Gliederungen erfaßt. Der Beitritt zur HJ wurde mit diesem Gesetz zwar nicht offiziell zur Pflicht, jedoch trat ab jetzt bereits ein großer Teil der Jungen in die HJ ein, nicht zuletzt, weil es zunehmend „unangenehm“ wurde, nicht Mitglied der HJ zu sein: es drohten Benachteiligungen und Repressalien. Die Vereidigung auf den Führer erfolgte dabei immer jahrgangsweise am Geburtstag des Führers: dem 20. April:

Eidesformel der HJ

„Ich verspreche, in der Hitlerjugend allzeit meine Pflicht zu tun in Liebe und Treue zum Führer und zu unserer Fahne. So wahr mit Gott helfe!“

Mit dem Anschluß von Österreich und dem Sudetenland (sowie später auch u.a. im Elsaß und in Luxemburg) an das Deutsche Reich im Jahre 1938 wurden auch deren Jugendorganisationen der HJ einverleibt, so z.B. die „Sudetendeutsche Volksjugend“ am 15. November 1938.

Im März 1939 wurde der Dienst in der HJ durch die „Jugenddienstverordnung“ obligatorisch und gehörte somit zur „vormilitärischen Erziehung“. Sie bot die gesetzliche Handhabe, die „Jugenddienstpflicht“ durchzuführen. Die HJ übernahm damit zunehmend mehr Machtpositionen und wurde immer selbstbewußter.

Die Tätigkeiten der HJ kamen oftmals dem allgemeinen jugendlichen Betätigungsdrang als auch der NSDAP entgegen, die die Jugendlichen auf Ihre Rolle in dem androhenden Krieg vorbereiten wollen:

• Sport (Reichssportwettkämpfe seit 1935)
• Jugendsozialarbeit
• Fahrten und Zeltlager
• musische Wettbewerbe
• Berufsmöglichkeiten (Reichsberufswettkampf seit 1934)

Besonderen Anklang finden Sondereinheiten wie die Nachrichten-, Marine-, Flieger und der Motor-HJ.

Das Erfassen auch unmotivierter und abgeneigter Jugendliche in die HJ hat zwar einen negativen Einfluß auf die Attraktivität, die Anziehungskraft aber bleibt ungebrochen – warum?

Die HJ ermöglicht den Jungendlichen eine Art „Doppelexistenz“: in der Schule mit viel Pflichten und wenig Rechten ausgestattet, erhalten sie in der HJ oftmals sogar schon mit 16 Jahren Führungspositionen und gelten als vollwertige Mitglieder. Auch Mädchen und Jungen aus armen Schichten wird es ermöglicht, die „sozialen Schranken niederzureißen“ – sie können im Rahmen der HJ Ferienreisen unternehmen (u.a. Sommer- und Skilager), die Ihre Eltern sonst nicht hätten bezahlen können. Darüber hinaus gibt die BDM den Mädchen, die oftmals stark traditionell erzogen sind, eine Art „Emanzipationsmöglichkeit“. Ferner gilt die HJ als Karrieresprungbrett für einen späteren Dienst in NSDAP.

Der Ausbruch des Krieges am 01. September 1939 bringt viele Veränderungen. Der Widerstand gegen die totalitäre Erziehung und dem militärähnlichen Dienstbetrieb der HJ verstärkt sich. Es entsteht ein besonderer Reiz, den meist unpolitischen „Cliquen“ und „Meuten“ beizutreten. Die NSDAP und die HJ reagieren scharf und es mehren sich bis zum Kriegsende die rechtskräftigen Verurteilungen gegen Jugendliche bis hin zur Errichtung von Jugend-KZ`s (=Konzentrationslager).

Der Großteil aber sieht in den Krieg nun die Möglichkeit sich zu beweisen, und viele marschieren in Krieg und Tod gemäß ihres wohl bekanntesten Liedes:

HJ-Lied: „Es zittern die morschen Knochen“

Es zittern die morschen Knochen
der Welt vor dem großen Krieg
Wir haben den Schrecken gebrochen,
für uns war`s ein großer Sieg.
Wir werden weiter marschieren,
wenn alles in Scherben fällt;
denn heute da hört (gehört) uns Deutschland
und morgen die ganze Welt.

Die vielen neuen Aufgaben der deutschen Jugend reichen von Einsätzen an der „Heimatfront“ (Wachdienst, Luftschutz, …), bei dem sie oftmals die Aufgaben der erwachsenen Männer übernehmen, die in den Krieg gezogen sind, bis hin zum aktiven Frontdienst in der 12. Panzerdivision „Hitlerjugend“ der SS (ab 24. Juni 1943).

Auch unabhängig von Bekenntnissen zur NSDAP oder HJ sehen viele Jugendliche in Ihren Kampfeinsätzen einen Sinn zur Verteidigung Deutschlands. Viele junge Angehörige melden sich auch noch gegen Kriegsende sogar freiwillig (natürlich auch unfreiwillig) zur Wehrmacht und zum Volkssturm.

Wie fanatisch die HJ auch noch in den letzten Wochen und Monaten aufgeheizt wird, wird an einer Rede von Reichsjugendführer Arthur Axmann am 28. März 1945 deutlich:

„Es gibt nur Sieg oder Untergang. Seid grenzenlos in der Liebe zu eurem Volk und ebenso grenzenlos im Haß gegen den Feind. Eure Pflicht ist es, zu wachen, wenn andere müde werden; zu stehen, wenn andere weichen. Eure größte Ehre sei aber eure unerschütterliche Treue zu Adolf Hitler!“