Die Geschichte der Kryptografie

Schon seit der Antike verschlüsselten die Menschen wichtige Nachrichten mittels der „Kryptografie“, gerade auch in kriegerischen Konflikten so wie auch im Zweiten Weltkrieg. Die Codierer und die Code-Brecher lieferten sich dabei ein ständiges Katz-und-Mausspiel. Die 1918 vom deutschen Erfinder Arthur Scherbinus zum Patent angemeldete „Enigma“ bot dabei seinerzeit die genialste Verschlüsselungstechnik der Welt und galt lange als „unknackbar“. 

Grundsätzlich gilt bei der Kryptografie folgendes Grundprinzip:

  1. Der Algorithmus beschreibt die Methode der Verschlüsselung des „Klartextes“ einer Nachricht, z.B. durch den Austausch von Buchstaben
  2. Der Schlüssel legt die Einzelheiten fest, WIE dieser Austausch stattfindet

Dies führt dazu, das eine gute Verschlüsselung nur schwer zu knacken ist, selbst wenn der Algorithmus bekannt ist. Im Falle der Enigma war der Algorithmus die Funktionsweise der Maschine selbst! Schon froh erhielten die Briten von den Polen eine Enigma und konnten diese komplett auseinandernehmen und studieren: es fehlte ihnen jedoch der Schlüssel. Die deutschen Funker erhielten im Zweiten Weltkrieg jeden Monat ein neues Schlüsselbuch mit täglich wechselnden Schlüsseln aus bis zu 100 Trilliarden (!) möglichen Grundeinstellungen.

Enigma Verschlüsselungsmaschine mit Beschriftung; Quelle: Enigma Machine at the Imperial War Museum, London; Urheber: Karsten Sperling / Eigenes Werk via Wikipedia

Die deutsche Enigma und ihr Vorgänger

Die Vigenère-Tabelle

Wenn bei einer Verschlüsselung nur Buchstaben durch andere ersetzt werden, können anhand sprachlicher Häufigkeitsanalysen Zusammenhänge analyisiert werden: so kommt im deutschen Alphabet am häufigsten der Buchstabe „E“ vor, als zweites das „N“ und die am meisten verbreiteten Buchstabenpaare sind „EN“ und „ER“. Taucht jetzt im Text z.B. sehr häufig ein „X“ auf kann man davon ausgehen, dass dieses „X“ für ein „E“ steht. Im 16. Jahrhundert entwickelte der französische Diplomat Blaise de Vigenère einen nach ihm benannten Chiffre-Code. Dabei wird nicht jeder Buchstabe 1:1 durch einen anderen ersetzt, sondern über ein gesondertes Codewort verschiebt sich diese Ersetzung über die sogenannte „Vigenère-Tabelle“ bei jedem Buchstaben. Es brauchte 300 Jahre, bis diese Verschlüsselung „geknackt“ worden war…

Der Enigma-Code

Die Enigma greift den Grundgedanken der Vigenère-Tabelle auf. Jedes Mal, wenn ein Buchstabe in die Enigma eingetippt wurde, drehten sich mindestens eine von 3 Walzen und es erschien in einem Tastenfeld der entsprechend neu codierte Buchstabe, den sich der Sender notieren musste. Wenn jetzt der Sender den Buchstaben noch einmal eintippte, drehten sich die Walzen erneut und es erschien ein anderer, erneut codierter Buchstabe. Dabei wurde kein Buchstabe durch sich selbst ersetzt.

So funktioniert die Enigma

  1. Der Sender gibt einen Buchstaben in die Maschine ein (ähnlich einer Schreibmaschine)
  2. Das Signal geht elektrisch über ein Steckerbrett und der Buchstabe wird gegen einen anderen ausgetauscht
  3. Diese Buchstabe wird über 3-4 Walzen geleitet, reflektiert und erneut codiert
  4. Nach jedem Tastendruck drehen sich die Walzen weiter – kein Buchstabe wird auf die gleiche Weise verschlüsselt
  5. Das Signal läuft erneut durch ein Steckerbrett und wird final gewechselt – der Chiffre-Buchstabe leuchtet im Lampenfeld der Enigma auf
  6. Der Sender notiert sich den finalen Buchstaben und morst diesen z.B. an den Empfänger
  7. Der Empfänger tippt des Text in seine Enigma und erhält den Klartext

Die britischen Entschlüsselungs-Versuche

Das Hauptquartier der britischen Verschlüsselungs-Experten lag im sogenannten „Bletchley Park“ rund um den Mathematiker Alan Turing. Bekannt wurde diese Gruppe durch den Film „The Imitation Game“. An jedem Morgen sendeten die Deutschen eine Meldung, bei der das Wort „Wetterbericht“ vorkam, wobei auch hier niemals ein Buchstabe durch sich selbst ersetzt werden konnte. Mit diesen Informationen wurde die von Turing entworfene „Bombe“-Maschine bespielt und zahlreiche Chiffre-Varianten durchgespielt, bis die richtige gefunden wurde. Gegen Ende des Krieges benötigten die Briten hierfür oftmals nur noch 20 Minuten. Der Historiker Harry Hinsley geht davon aus, dass durch diese Entschlüsselung der Krieg um 2-4 Jahre verkürzt hat. Diese Entschlüsselung galt lange als Verschlusssache und wurde erst 1974 bekannt.